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33 Jahre E.I.S. – Bericht Profibörse

Köln - Anlässlich des 33-jährigen Bestehens führte das Branchenmagazin Profibörse mit der E.I.S. ein Interview

 

Starke Alleinstellung

Als Einkaufsgemeinschaft ohne Gewinnerzielungsabsicht sieht sich die EIS in der Tradition der Genossenschaft. Dass dieses Prinzip auch 33 Jahre nach der Gründung der EIS attraktiv und tragfähig ist, davon ist Geschäftsführer Oliver Boensch überzeugt, wie er im Interview klar herausstellt. Die Aufgabenstellung geht für ihn aber weit über das Bündeln von Einkaufsmengen hinaus. Sein Anspruch: Impulsgeber, Innovationstreiber und Moderator für die angeschlossenen Handelshäuser.

ProfiBörse: Mit welchen Pandemie-Auswirkungen hat die EIS es zu tun, wie startet die Einkaufsgemeinschaft ins Jubiläumsjahr?

Boensch: In der Sache wird es uns nicht anders gehen als den anderen Marktbeteiligten. Wir haben sehr früh reagiert und die persönlichen Begegnungen auf ein Minimum reduziert. Parallel wurden, um unsere Schnittstellenfunktion zwischen den Lieferanten und den Handelshäusern sicherzustellen, digitale Strukturen aufgebaut, die in der Gremienarbeit intensiv genutzt wurden und werden. Durch die Maßnahmen konnten wir den Regelbetrieb komplett aufrecht erhalten und ich möchte mich an dieser Stelle bei unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch einmal herzlich für ihren hohen Einsatz bedanken, der dies ermöglicht hat.
Auf dieser Basis hat sich das Jahr 2020 für die EIS und auch die Anschlusshäuser nach einem schwierigen Frühjahr gut entwickelt. Und auch der Start in diesem Jahr bewegt sich auf dem Vorjahresniveau, also auf dem Level vor der Pandemie. Wir haben in der Zeit viel gelernt und sicher werden einige der Maßnahmen bestehen bleiben. Aber wir merken auch immer wieder, wie wichtig der persönliche Austausch auf allen Ebenen ist.

Wie haben sich dabei die Aufgabenstellungen und Herausforderungen der Arbeit eines Einkaufsverbandes geändert?

Letztendlich haben wir unsere Aufgaben weitergeführt und sie an die Erfordernisse der Zeit angepasst. Als Informationsgeber für die Anschlusshäuser haben wir beispielsweise Themen wie Kurzarbeit, Überbrückungsgeld oder Hygienemaßnahmen zusammengefasst und in regelmäßigen Newslettern verteilt, bei den Werbemitteln haben wir u.a. spezielle Vertriebsbroschüren zu Hygieneartikeln erarbeitet und entsprechende Sortimentserweiterungen sowie spezielle Sammeleinkäufe durchgeführt. Und um die Liquidität der Anschlusshäuser zu unterstützen, ist es im Gespräch mit den Lieferanten gelungen, mit weiteren Partnern aus der Industrie unterjährige Bonuszahlungen zu vereinbaren. An den grundsätzlichen Aufgabenstellungen als zentrale Vermittlungsstelle hat sich also nichts verändert. Das Ziel, Möglichkeiten der Kostendegression durch Einkaufsbündelung und Zentralregulierung, durch ein Vorantreiben der Digitalisierung sowie durch zentrale Aufgaben des Marketings für die angeschlossenen Handelshäuser zu realisieren, bleibt nach wie vor bestehen.

Die Digitalisierung auch des B2B-Handels schreitet immer weiter voran. Muss ein Einkaufsverband zukünftig mehr IT-Dienstleister und Social Media-Berater als Einkäufer sein?

Digitalisierung spielt bei unseren bisherigen Aktivitäten und bei den Überlegungen zu den zukünftigen Herausforderungen eine bedeutende Rolle. Als ein Beispiel möchte ich die Bereitstellung von qualifizierten Produktdaten nennen. Wir stellen den Mitgliedern über unser Extranet professionell klassifizierte und immer aktuell gepflegte elektronische Artikeldaten zur Verfügung. Diese liefern wir in Form von Merkmalen, Bilddaten und bei Bedarf auch als BMEcat. Wir haben dafür unter dem Titel eis-class einen eigenen Klassifizierungsstandard aufgebaut, den wir stetig weiterentwickeln. Dieser Aufwand ist notwendig, um den Handelshäusern strukturierte und sortimentsübergreifende Werbemittel zur Verfügung stellen zu können, die in unserem Gruppen-Webshop auch digital abgebildet werden. Selbstverständlich engagieren wir uns auch in der Branche für die weitere Datenqualifizierung und sind bspw. Mitglied bei ETIM, um Synergien bei der Klassifizierung zu erzielen und einen Branchenstandard mitgestalten zu können.

Ein weiteres Beispiel ist das elektronische Blätter-Katalogportal Oxomi, das bereits mehr als 80 Prozent unserer Anschlusshäuser im Einsatz haben. Mit Oxomi ist eine prozesseffiziente digitale Produktsuche in einer Vielzahl von Katalogen möglich. Zudem ist hier eine große Anzahl an Dokumenten, Videos und Bildern zu bestimmten Artikeln verfügbar.

Trifft dies auch auf den immer wichtiger werdenden Bereich des
E-Commerce zu?

Ja, hier sehen wir unsere Aufgabe einerseits in der Bereitstellung und Weiterentwicklung eines modernen Gruppen-Webshops, der aktuell von etwa der Hälfte unserer Mitglieder genutzt wird. Zudem bieten wir den Anschluss-
häusern aber auch konzeptionelle Beratung bei der Entwicklung oder Weiterentwicklung einer spezifischen E-Commerce-Strategie. Da jeder Händler bei der Vertriebsform Onlinehandel eine mehr oder weniger unterschiedliche Ausgangslage aufweist, bieten wir den Anschlusshäusern an, die individuellen Vorstellungen im Rahmen von Workshops aufzunehmen, die jeweiligen Kundengruppen und Märkte zu analysieren und bei der Formulierung konkreter Ziele zu unterstützen. Die sich daraus ergebenden Projekte begleiten wir bis zur Umsetzung und bei Bedarf im Rahmen sich anschließender Prozess-Evaluation auch darüber hinaus.

Zum Thema Wissenstransfer im E-Commerce haben wir ganz aktuell eine Webinar-Reihe mit modularem Aufbau entwickelt, mit der den Anschluss-
häusern im ersten Schritt einige Grundlagen, wie beispielsweise SEO und SEA, Newsletter-Marketing und E-Procurement vermittelt werden. Darauf aufbauend werden sich die Folge-Webinare mit den rechtlichen Rahmenbedingungen sowie auch mit einigen Praxisanwendungen, bspw. zur Webseitenoptimierung und zu Schnittstellenverknüpfungen zur Warenwirtschaft beschäftigen.

Sie arbeiten mit begrenzten Ressourcen, wie gehen Sie die Aufgabenstellungen der Kooperation an?

Für unseren Verband ist es wichtig, einen klaren strategischen Fokus zu haben, indem wir regelmäßig die relevanten Kernthemen identifizieren und diese dann planmäßig abarbeiten. Hierbei gilt es, die Ressourcen zielgerichtet einzuteilen.

Wie dies aussieht, lässt sich über die letzten Jahre anhand einiger Beispiele verfolgen: 2016 sind wir ein Zentrallagerkonzept angegangen, das im Jahr darauf umgesetzt wurde, mit weitreichenden Folgen bis hin zum Beispiel in die Werbemittel. Ebenfalls seit 2016 haben wir uns intensiver als davor dem Beratungsmanagement mit den Hauptlieferanten gewidmet und jährlich bis zu 100 Jahresgespräche geführt, aus denen auch ein messbarer Zusatznutzen für die Mitglieder entstanden ist. 2017 stand dann die Erweiterung des Produktportfolios um den Bereich Baugeräte auf der Agenda, heute können wir auf eine respektable Mitgliedergruppe von renommierten Baugerätehändlern verweisen. Im gleichen Jahr haben wir unsere erste EIS Hausmesse, den eis-profitreff, ausgerichtet, der 2019 mit doppelter Teilnehmerzahl erneut durchgeführt wurde und dessen dritte Auflage bereits für die Zeit nach der Pandemie konzipiert ist.

Als mittelständische Einheit wissen wir bei unseren vielfältigen Aufgaben die Qualität und das hohe Engagement unserer Mitarbeitenden ganz besonders zu schätzen. Der Standort Köln schafft uns dabei zusätzlich zu den gebotenen Arbeitsbedingungen einen attraktiven Rahmen, gleichzeitig aber auch eine hohe Konkurrenz. Als Arbeitgeber auf allen Ebenen attraktiv zu sein, ist eine wichtige Voraussetzung. Dass wir dazu in der Lage sind, beweisen die wiederholten Auszeichnungen der EIS durch das Focus Business Magazin und das Arbeitgeberbewertungsportal kununu.com als „TOP-Arbeitgeber Mittelstand“.

Welche Bedeutung hat ein zentrales Lager und entstehen durch das fehlende Lager Abhängigkeiten, die manchmal zu Kompromissen bei Strategie und Ausrichtung des Verbandes führen?

Ein Zentrallager ist für die Wettbewerbsfähigkeit insbesondere im Bereich Werkzeuge nicht zuletzt durch die Breite und Tiefe des Sortimentes unerlässlich. Dies umso mehr, als eine Entwicklung festzustellen ist, bei der die Verlässlichkeit und Vollständigkeit einer Bestellung sowie deren Lieferung innerhalb von 24 Stunden deutlich an Bedeutung gewonnen hat. Insofern stand eigentlich nicht die Frage, ob ein Zentrallager betrieben werden soll, sondern die Frage nach dem Wie. Die Entscheidung für die Nutzung bestehender Strukturen im Rahmen eines Dienstleistungsvertrages zeigte für uns eine Reihe positiver Elemente und stellt für uns insgesamt eine Win-Win-Situation der Beteiligten dar. Für uns bedeutete dies, keine Konzeptions- und Erstellungskosten tragen zu müssen, keine Fixkosten zu haben und auch kein Lagerrisiko. Wir können im Gegenteil auf eingespielte Prozesse zurückgreifen, unseren Mitgliedern optimierte schlanke Prozesse bieten und uns auch hier auf unsere Kernaufgaben konzentrieren. Sicherlich sind dabei immer auch Kompromisse zu machen, aber in den gut drei Jahren, die das Konzept jetzt live ist, zeigt sich bei der Fachgruppe Werkzeuge durch das jährliche zweistellige Wachstum der Einkäufe im Zentrallager, dass es die richtige Entscheidung war.

Die EIS verzeichnet in den letzten Jahren ein Mitgliederwachstum,
wie stark ist das „Non Profit“ ein Grund für den Beitritt neuer Mitgliedsunternehmen?

Das Thema ist für uns in der Tat recht erfreulich, zumal auch im zurückliegenden Jahr die Akquisitionen unverändert weitergelaufen sind und wir seit dem Jahresbeginn fünf neue Mitgliedsunternehmen begrüßen können. Dabei stellt der Verzicht auf eine Gewinnerzielung sicher einen hohen Attraktivitätsfaktor dar, ganz sicher aber ein starkes Alleinstellungsmerkmal unter den Einkaufsorganisationen in der Branche. Der Grund für die fehlende Gewinnerzielungsabsicht ist übrigens darin begründet, dass die Inhaber der EIS ausschließlich die Mitglieder selbst sind. Deshalb werden auch die mit den Lieferanten vereinbarten Boni, das Delkredere und Skonto zeitnah in voller Höhe, also ohne jedwede Einbehalte der Zentrale, an die Mitglieder ausgeschüttet. Die EIS ist dabei rein treuhänderisch tätig, der Leistungs-
anspruch ist rechtlich direkt bei den Mitgliedern begründet. Durch das Non-Profit-Prinzip entsteht auch eine besonders günstige Preisstruktur der Dienstleistungen, die wir als Zentrale unseren Mitgliedern bieten. So können zum Beispiel unsere Kataloge und alle weiteren Werbemittel, aber auch Dienstleistungen der IT und des Bereichs Marketing zu niedrigen Selbstkostenpreisen angeboten werden.

Nicht zuletzt kommt aber noch ein weiterer Punkt hinzu, der anziehend auf neue Mitgliedsunternehmen wirkt. Es handelt sich um die hohe Transparenz und die basisdemokratischen Entscheidungswege, die die EIS aufweist. Ob dies der Etatvorschlag unserer Zentrale oder die Lieferantenvereinbarungen sind, es gibt keine Grauzonen. Dadurch ist ein hohes Vertrauensverhältnis auch zu Lieferanten gewachsen, das sich wiederum auf die Zusammenarbeit auswirkt.

Unser Ziel ist es, als Organisation weiter zu wachsen und die Neuzugänge nicht allein durch das genossenschaftliche Prinzip zu gewinnen, sondern insgesamt durch unsere Leistungsfähigkeit. Aber dafür ist Non-Profit eine gute Basis.

Im Handel findet ein immenser Konzentrationsprozess statt, wie stark wirkt sich das auf die Einkaufsverbände aus und werden diese ab einem bestimmten Konzentrationsgrad obsolet und wo steht die EIS in der Branchenkonstellation in fünf oder zehn Jahren?

Die Konzentration im Handel und damit der Druck auf den mittelständischen PVH nehmen sicherlich weiter zu, aber ebenso sicher wird sich eine mittelständische Struktur wie auch in anderen Bereichen auch hier behaupten. Und deshalb ist es wichtig, dass leistungsfähige Organisationen bestehen bleiben, die zentrale Aufgaben im Hinblick auf Kostendegression und auf Kompetenzerweiterung für diese Händler übernehmen. Dabei geht es für uns vornehmlich um die Weiterentwicklung von Systemen, die im Rahmen der Digitalisierung zu effizienteren Prozessen bei allen Beteiligten beitragen.

Jedes Marktbearbeitungskonzept hat sicherlich seine Berechtigung, aber wir sind guten Mutes und sehen uns als flexiblen und schlanken Verband gut aufgestellt, die zukünftigen Anforderungen erfüllen zu können, zumal sich unsere Leistungen direkt bei den Mitgliedern auszahlen. Und deshalb bin ich durchaus optimistisch, dass die EIS auch in fünf oder zehn Jahren mit ihrem starken Alleinstellungsmerkmal weiterhin ein wichtiger Faktor in der Branche sein wird.

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